Ideenschutz

Ideen sind grundsätzlich nicht geschützt. So werden Businesspläne und Konzepte zu wertvollen Fundgruben, kostenlos. Bei geschäftlichem Kontakt kann die Idee jedoch auch außerhalb einer Geheimhaltungsvereinbarung Schutz erfahren – dies wird in der Praxis häufig übersehen.

Die 28-jährige Carolyn Davidson studierte 1971 Grafikdesign an der Portland State University, USA. Gegenüber einer befreundeten Kommilitonin äußerte sie, dass sie gerne einen Kurs besuchen würde, ihr fehle aber das nötige Geld. Philip Knight unterrichtete als Student an der Universität und schlug Davidson daher vor, ein Logo zu erstellen, das Bewegung vermittle. Für ihren Entwurf erhielt Davidson 35 Dollar – das Logo gehört heute zu den weltweit bekanntesten Marken, es ist der Nike-Haken (Swoosh). „Na immerhin 35 Dollar“ könnte man sagen. Dabei hätte ein dreister Knight Davidsons Idee, Flügel und Namen der griechischen Siegesgöttin Nike zu verwenden, doch einfach ohne Bezahlung übernehmen können. Oder?

Kein Ideenmonopol

Gedanken sind frei, so auch Ideen. Das Urheberrecht schützt Werke, nicht Ideen. Schutzwürdig ist erst die Verkörperung einer persönlichen geistigen Schöpfung in einer konkreten, wahrnehmbaren Form. Keinen Schutz erfährt etwa ein nicht näher ausgeformtes einheitliches Gestaltungskonzept für eine Produktlinie, so OLG Frankfurt. Selbst die zum Werkinhalt von Text, Bild oder Gestaltung gewordene Idee ist grundsätzlich nicht geschützt. Das Urheberrecht mag die umgesetzte Ausgestaltung erfassen, also den ausformulierten Text oder das konkrete Scribble (Gestaltungsentwurf), nicht jedoch die dahinter stehende Idee. So bleiben Ideen aus Werbe- oder Geschäftskonzepten frei wie auch z. B. die verarbeiteten Informationen, vgl. Artikel Urheberrechte an Fachtexten und -informationen. Durch das Wettbewerbsrecht erfahren Ideen ebenfalls prinzipiell keinen Schutz, es gilt der Grundsatz der Nachahmungsfreiheit. Im Interesse der Freiheit des Wettbewerbs ungeschützt ist etwa die Idee, für typische Spielsituationen wie z. B. „Kinderbetreuung“, „Haarpflege“ und „Backen“ Puppen mit dem entsprechenden Zubehör herzustellen und zu vertreiben, so der BGH zur Freude der Konkurrenz der „Barbie“-Puppen.

Schutzpflichten aufgrund geschäftlichen Kontakts

Diese grundsätzliche Ideenfreiheit kann bei geschäftlichem Kontakt eingeschränkt sein. Nach speziellen – leider selbst von Juristen oft übersehenen – Vorschriften des BGB entsteht ein Schuldverhältnis auch durch Aufnahme von Vertragsverhandlungen, ja sogar schon bei Anbahnung eines Vertrages oder ähnlichen geschäftlichen Kontakten. Hier kann aufgrund entgegengebrachten Vertrauens ein vorvertragliches Schuldverhältnis mit wechselseitigen Schutzpflichten erwachsen. Wie weit diese Schutz- und Obhutspflichten reichen, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles. Gerade aufgrund intensiver vorvertraglicher Verhandlungen mit erheblichen Vorleistungen einer „Partei“ in Erwartung des Vertragsschlusses können weit gehende Pflichten entstehen.

Gerichtsentscheidungen zum Ideenschutz

Wer etwa während der Vertragsverhandlungen eine aussagekräftige Internet-Domain dreist auf seinen Namen anmeldet (Domaingrabbing), kann aufgrund vorvertraglicher Fürsorge- und Treuepflichten zur Freigabe der Domain und zum Schadenersatz verpflichtet sein, so OLG Hamburg. Schutzpflichten verletzt auch, wer unentgeltlich mit dem Ziel der Akquise zur Verfügung gestellte Entwürfe (etwa aus Werbung und Design oder Architektur) selbst umsetzt, um Kosten zu sparen, die ansonsten angefallen wären. So lag der vom Kammergericht Berlin entschiedene Fall einer Werbeagentur, die für einen KFZ-Händler nach Vorbesprechungen ein komplettes Unternehmenserscheinungsbild (Corporate Identity) mit Signet, Werbeunterlagen und Slogan „AutoVeri veri-gut“ – „Veri-gut ... darauf können Sie sich verlassen!“ erstellt hatte. Das nach Aufforderung übersandte Vertragsangebot der Agentur wurde zurückgewiesen. Gleichwohl warb der KFZ-Händler mit dem Slogan. OLG Hamm gewährte einem akquirierenden Modedesigner einen Unterlassungsanspruch in folgendem Fall: Der Designer hatte auf Bitte eines Unternehmers zwei Kostümmodelle entworfen und diese in der Hoffnung auf einen Auftrag zur Ansicht überlassen. Der Unternehmer gab die Modelle jedoch an einen anderen Konfektionshersteller mit dem Auftrag, sie preisgünstiger herzustellen.

Freilich schützt das vorvertragliche Schuldverhältnis nicht jede Idee. Erforderlich ist, dass die Idee als schützenswerte und marktfähige Position wirtschaftlich verwertbar ist. Ein dreister Knight Davidsons, der Design (wie den Nike-Haken) einfach übernimmt, wäre also aufgrund vorvertraglicher Fürsorge- und Treuepflichten zu Unterlassung und Schadenersatz verpflichtet. Dass Urheberrechte nicht entstanden sind, ist irrelevant. Das vorvertragliche Schuldverhältnis schützt bereits die Vermögensinteressen des potenziellen Geschäftspartners. Dies gilt auch, wenn Gespräche zur gemeinsamen Existenzgründung (plötzlich) abgebrochen werden.

OLG Frankfurt, OLGR 1998, 28 ff.; BGH, Urt. v. 28. Oktober 2004 – I ZR 326/01 – Puppenausstattungen, unter www.bundesgerichtshof.de. Vorvertragliches Schuldverhältnis aus §§ 280241 Abs.2311 Abs.2 BGB. OLG Hamburg ZUM-RD 2003, 127, 130 Domaingrabbing bei (vor-) vertraglichen Verhandlungen; KG Berlin GRUR 1988, 702 f.; OLG Hamm NJW-RR 1990, 1380, 1381. Zum Thema umfassend: Nennen, Rechtsschutz von Akquiseleistungen der Werbebranche, WRP (Wettbewerb in Recht und Praxis, Fachzeitschrift) 2003, 1076 ff. Mehr zum Nike-Logo unter Designguide.at.