Urheberrecht an Wohndesign: Kunst oder Kamin?

Wohndesign kann durch ein Urheberrecht geschützt sein – unabhängig davon, ob es in der Fachwelt Anerkennung gefunden hat oder nicht. Wie auch bei anderen Werken der angewandten Kunst gelten jedoch hohe Anforderungen an die Schutzfähigkeit. Diese bejahte das Landgericht Köln im Urteil vom 24. September 2008 bei einem Kaminmodell.

Zur bildenden Kunst („reinen“ Kunst) gehört jeder Gegenstand, der durch die Gestaltung von Flächen, Körpern oder Räumen das ästhetische Empfinden anspricht. Beispiele für diese Kunstwerke ohne konkreten Gebrauchszweck sind Gemälde, Zeichnungen, Radierungen, Buchillustrationen und Skulpturen. Werke der bildenden Kunst sind schutzfähig, wenn ihr ästhetischer Gehalt einen solchen Grad erreicht, dass in „Kunstkreisen“ von Kunst gesprochen werden kann. Dies ist nicht der Fall bei handwerklich-routinemäßigen Leistungen, vgl. hierzu den Artikel Urheberrechte an Computeranimationen und -grafiken.

Werke der angewandten Kunst sind hingegen Kunstwerke, die einem Gebrauchszweck dienen, also: Gebrauchsgegenstände mit künstlerischer Formgebung. Hierzu gehören etwa die (meisten) Leistungen der Mode-, Produkt- und Grafikdesigner, also Textilien, Schmuck, das Design einer Stadtbahn ebenso wie Geschäftsausstattung und Werbeflyer mit Logo eines Unternehmens. Auch den Kölner Dom als 3D-Modell bei „Second Life“ bewertete das Landgericht Köln als angewandte Kunst – schließlich gehe es um eine Referenz für spätere kommerzielle Projekte im Rahmen virtueller Welten, vgl. hierzu den o. a. Artikel.

Hohe Schutzanforderungen bei angewandter Kunst

Im Gegensatz zu den Werken der bildenden Kunst stellt die Rechtsprechung bei angewandter Kunst höhere Anforderungen an die Gestaltungshöhe und verlangt für den Urheberrechtsschutz ein deutliches (!) Überragen der Durchschnittsgestaltung. Begründet wird dies mit der Möglichkeit des hier gegebenen Geschmacksmusterschutzes nach dem Geschmacksmustergesetz. Dessen formelle Anforderungen – Anmeldung zur Eintragung und Zahlung der Anmeldegebühren – könnten unterlaufen werden, wenn Urheberrechtsschutz auch im Bereich der angewandten Kunst schon unter den Minimalanforderungen gewährt würde (mit der sog. „kleinen Münze"). Im Übrigen gehe es bei Werken der „Gebrauchskunst“ darum, zu verhindern, dass nahe liegende Gestaltungselemente monopolisiert würden.

Unter diesen Voraussetzungen dürfte nur ca. jede zehnte Leistung aus dem Bereich der angewandten Kunst durch ein (automatisch entstehendes) Urheberrecht geschützt sein. Die gegenüber der Bildenden Kunst unterschiedlichen Schutzanforderungen verstoßen nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts nicht gegen Grundrechte.

Kamin als Kunst

In seinem aktuellen Urteil bewertete das Landgericht Köln ein Kaminmodell in schwarzer Lackierung bzw. Edelstahloptik trotz der hohen Anforderungen als angewandte Kunst. Der Kamin vermittle in der Gesamtbetrachtung eine auf den ersten Blick zwar einfache, aber zugleich ungewöhnliche und optisch den Kunst- und Formsinn ansprechende Gestalt. Die konkrete Formgestaltung erreiche die erforderliche Gestaltungshöhe. Dies ergebe sich insbesondere aus einer klaren Linienführung geprägt durch streng geometrische Formen des Kamins. Die Brennkammer mit ihrer breiten Glasfront setze sich vor einer durchgängigen Längsachse als Rohrverkleidung deutlich ab, so dass der optische Eindruck eines frei „schwebenden Rahmens“ vermittelt werde. Der ästhetische Überschuss gegenüber dem alltäglichen, lediglich handwerklichen Schaffen sei so erheblich, dass die hohen Voraussetzungen für einen Urheberrechtsschutz erfüllt seien.

Vorbekannte Stoffe, Stile und Formen

Der Gebrauch eines bestimmten Werkstoffes ist als solcher nicht schutzfähig. Die Nutzung vorbekannter Stilmittel und Formen schließt jedoch nicht aus, dass ein Urheberrecht entsteht. Erforderlich ist, dass mit den Mitteln (z. B. durch deren Kombination) im Ergebnis eine eigenpersönliche geistige Schöpfung von ausreichender Gestaltungshöhe erzielt wird. In der Kunst wird vielfach auf bekannte Stilmittel zurückgegriffen; die Verwendung neuartiger Stilmittel und die Schaffung einer neuen Stilrichtung sind demgegenüber eher die Ausnahme.

LG Köln, Urt. vom 24. September 2008 – 28 O 530/05, unter www.nrwe.deBVerfG, Urt. v. 26. Januar 2005 – 1 BvR 1571/02 „Laufendes Auge“, unter www.bundesverfassungsgericht.de§ 2 Abs.1 Nr.4, Abs.2 UrhGGeschmacksmustergesetz. Vgl. auch BGH, Beschl. v. 5. Oktober 2006 – I ZR 247/03 „Le Corbusier-Möbel“ und BGH, Urt. v. 15. Juli 2004 – I ZR 142/01 „Metallbett“, jeweils unter www.bundesgerichtshof.de. Zur Geltendmachung von Ansprüchen aus Verletzung eines eingetragenen Geschmacksmusters an einem Kaminofenmodell und wegen Wettbewerbsverletzung vgl. OLG Hamm, Urt. v. 31. Mai 2007 – 4 U 188/06, unter www.nrwe.de