Spaßanrufe im Radio – rechtswidrig?

Viele Radiosender peppen ihr Programm mit Comedy bzw. Unterhaltungseinlagen auf. Zwischen Parodien und Musikrätseln erfreuen sich „Spaßtelefonate“ von Paul Panzer oder Nils – dem kleinen Telefonschreck, großer Beliebtheit bei der Hörerschaft. Die „Opfer“ werden oft vorgeführt und mit skurrilen Situationen konfrontiert. Doch muss man sich das gefallen lassen?

Das Recht am gesprochenen Wort

Anders als der Bildnisschutz (§§ 2223 KUG) ist das gesprochene Wort im Gesetz nur am Rande geregelt. Ausdrücklich findet das gesprochene Wort nur im Strafrecht Erwähnung. § 201 StGB regelt die Unzulässigkeit der Aufzeichnung des nichtöffentlich gesprochenen Wortes. Im Vergleich mit dem Bildnisschutz fallen an dieser Stelle Unterschiede auf: Das Kunsturhebergesetz schützt nur vor Veröffentlichung, vgl. auch den Beitrag Partyfotos im Internet. Demgegenüber schützt § 201 StGB schon vor der Aufzeichnung, vgl. auch den Beitrag Lehrervideos auf der Online-Plattform YouTube. Darüber hinaus ist das gesprochene Wort vom Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs GG mit umfasst.

Öffentlich vs. nichtöffentlich – Wo verläuft die Grenze?

Tatbestandlich ist das schlichte Aufzeichnen von nichtöffentlich gesprochenem Wort nach § 201 StGB strafbar. Nun müssten Telefonate als „nichtöffentlich“ zu bewerten sein. Die Grenze verläuft, wie so oft, nicht ganz trennscharf. Allgemein anerkannt wird jedoch, dass Telefonate i.d.R. nichtöffentlich sind und auf der anderen Seite bspw. Ansprachen im Fernsehen an die Öffentlichkeit gerichtet sind. Grob kann man festhalten, dass Handlungen dann öffentlich sind, wenn diese sich an einen unbestimmten Personenkreis richten. In den Fällen der Spaßtelefonate ist davon eindeutig nicht auszugehen. Der Tatbestand des Strafgesetzes ist damit erfüllt.

Die Einwilligung

Logischerweise sind Spaßtelefonate unproblematisch, wenn der Betroffene in die Aufnahme bzw. die Sendung „seines“ Telefonats einwilligt. Problematisch ist allerdings, dass diese Einwilligung mit Hinblick auf die Strafbarkeit eigentlich vor der Aufzeichnung eingeholt werden müsste. In der Natur der Spaßtelefonate liegt es aber, dass die „Opfer“ ahnungslos sind. Gerade dieser Umstand verleiht diesen Telefonaten ihre spezielle Komik.

So behelfen sich die Radiosender i.d.R. damit, dass die Angerufenen nachträglich um ihre Einwilligung gebeten werden. Wird diese allerdings ausgeschlagen, hat sich der Radiosender bzw. der leitende Redakteur strafbar gemacht und kann mit der vollen Kraft des Strafrechts zur Rechenschaft gezogen werden. Die Möglichkeit einer mutmaßlichen oder konkludenten Einwilligung ist in dem hier behandelten Zusammenhang nur schwer denkbar und außerdem mit Blick auf den verfassungsrechtlichen Gehalt des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts sehr schwer zu begründen.

Die Praxisrelevanz

Die gängige Praxis der Spaßtelefonate lässt nun schon vermuten, dass die Redakteure nicht reihenweise mit Strafverfahren behelligt werden. Das liegt vor allem auch daran, dass nach § 205 StGB der Tatbestand des § 201 StGB ein Antragsdelikt ist – also nur auf Antrag des Verletzten und nicht von Amtswegen verfolgt wird. In der Praxis relevant ist eher der Fall, dass Betroffene Schadenersatz fordern; dementsprechend eine zivilrechtliche Auseinandersetzung in der Sache suchen. Da es sich bei dieser Art der Rechtsverletzungen in den allermeisten Fällen um einen immateriellen Schaden handelt, spricht man im Volksmund auch von „Schmerzensgeld“. Voraussetzung ist in diesen Fällen, dass die rechtswidrige Aufzeichnung auch gesendet bzw. öffentlich zugänglich gemacht wurde und dadurch möglicherweise eine schwere Persönlichkeitsverletzung vorliegt. Eine „durchschnittliche“ oder „leichte“ Persönlichkeitsverletzung soll nicht ausreichen, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen. Die Schwere der Rechtsverletzung ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, vgl. auch den Beitrag Paparazzi-Fotos – keine Geldentschädigung für Heike Makatsch. Für die Schwere sprechen etwa Ausmaß von Hohn und Spott sowie Ansehensverlust.

Bemessung des Schadens

In Deutschland sind nur wenige Fälle bekannt, welche vor Gericht für Persönlichkeitsverletzungen hohe Schadenersatzsummen eingebracht haben. Dieser Umstand resultiert aus dem Grundsatz der Naturalrestitution gem. § 249 BGB, welche nach deutschem Rechtsverständnis Schäden kompensieren und nicht überkompensieren soll. Aus den USA hört man dagegen oft von astronomischen Summen, welche für scheinbar kleine Rechtsverletzungen gezahlt werden. Im amerikanischen Recht gibt es die so genannten „punitive damages“. Dieses Schadenersatzverständnis billigt dem Geschädigten einen Ausgleich über den tatsächlichen Schaden hinaus zu. Dieses Verständnis des Schadenersatzes wird vor allem damit begründet, dass dem Rechtsverletzter ein „Denkzettel“ erteilt werden soll. Er erfüllt damit auch eine präventive Funktion.

Fazit

Damit bleibt festzuhalten, dass sich niemand die Aufnahme seiner Stimme bzw. seines Wortes auf Tonband gefallen lassen muss. Von einer Veröffentlichung dieser so erlangten Aufnahmen ganz abzusehen. Fraglich ist allerdings, ob die Rechtsfolgen, die das deutsche Recht an solche Rechtsverletzungen knüpft, geeignet sind, um die Schutzzwecke zu erfüllen bzw. Schutz zu gewährleisten. Es handelt sich im Großteil der Fälle um finanzkräftige Unternehmen, welche die von deutschen Gerichten verhängten Schadenersatzsummen zumeist aus der Portokasse zahlen können.