Preisgelder aus Fernsehshows sind zu versteuern

Mareike konnte ihre Familie überzeugen, ihren Fleischklops während der SAT1-Sendung „Mein großer dicker peinlicher Verlobter“ kennen und lieben gelernt zu haben - und innerhalb von 14 Tagen zu heiraten. Für diese „Überzeugungsarbeit“ erhielt sie € 250.000, jedoch nicht steuerfrei.

Mareike übernahm die Hauptrolle in den sechs Folgen der Dating-Show. Nach dem mit dem TV-Produzenten geschlossenen Vertrag hatte sich die Studentin der Zahnmedizin gegen ein Honorar von € 9.000 u. a. verpflichtet, dem Produzenten ihre Persönlichkeitsrechte zur exklusiven Nutzung zu übertragen, über Inhalt und Ablauf der Produktion absolutes Stillschweigen zu wahren und für Presse-, Promotions- und Werbemaßnahmen zur Verfügung zu stehen. Erst bei Drehbeginn wurde die Kandidatin informiert, dass ihr Partner bereits feststehe und es ihre Aufgabe und die des Partners sei, ihren Familien glaubwürdig zu vermitteln, dass sie sich während dieser Dating-Show kennen und lieben gelernt hätten und innerhalb von 14 Tagen heiraten würden. Für den Fall, dass alle Familienmitglieder zur Trauung erscheinen und sämtliche Vertragsverpflichtungen erfüllt sind, sollten sowohl Mareike selbst wie auch ihre Familie jeweils ein Preisgeld von € 250.000 erhalten. Verschwiegen wurde Mareike allerdings, dass „ihr Verlobter“ ebenso wie dessen „Familie“ Schauspieler waren, die ihr das Leben zur Hölle machen, sich pausenlos daneben benehmen (u. a. Rülpsen) und keinen Fettnapf auslassen sollten (u. a. schlechte Witze).

Sonstige Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts

Zu den sieben Einkunftsarten des deutschen Einkommensteuerrechts gehören auch die sonstigen Einkünfte. Hierunter fällt jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das weder eine Veräußerung noch einen veräußerungsähnlichen Vorgang im privaten Bereich betrifft, Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und eine Gegenleistung auslöst. Entscheidend ist, ob die Gegenleistung (Entgelt, Vergütung, Honorar etc.) durch das Verhalten des Steuerpflichtigen veranlasst ist, er die Gegenleistung also als Lohn für seine Leistungen annimmt. Es genügt schon die Annahme einer für das Verhalten gewährten Gegenleistung.

Mitwirkungsleistung der Kandidatin zur Unterhaltung

Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) habe Mareike mit ihrer Teilnahme an der Fernsehshow eine Leistung gegenüber dem Produzenten bzw. dem Fernsehsender erbracht. Das erhaltene Preisgeld sei Entgelt für diese Leistung. Es handele sich um Unterhaltungssendungen, die nahezu ausschließlich von der Mitwirkung von Kandidaten „lebten", und nur deshalb den Veranstalter veranlassen, für ihre Teilnahme eine Chance auf einen (hohen) Preis einzuräumen. Wie groß die Gewinnchance ist, sei irrelevant. Sonstige Einkünfte könnten im Übrigen auch bei nur gelegentlicher und selbst einmaliger Tätigkeit vorliegen.

Erarbeitete Gegenleistung oder„zugeflogener“ Gewinn?

So sind auch etwa die aus einer Teilnahme an Pferderennen gewonnenen Preise nach der Rechtsprechung des BFH als sonstige Einkünfte zu versteuern. Die Preise verstünden sich als Gegenleistung für die Teilnahme an einer Unterhaltungsveranstaltung.
Anders sieht es aus bei Spielgewinnen etwa aus Lotto und Rennwetten, die nicht in einem gewerblichen oder landwirtschaftlichen Betrieb anfallen. Hier fehlt ein Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Weder Spieltätigkeit noch Spieleinsatz stellen Leistungen dar, die durch den Spielgewinn vergütet werden.

Was gilt bei Gewinnen aus Quiz- und Spielshows („Das Quiz“, „Wer wird Millionär?“) sowie bei Radioquizsendungen? Nach Ansicht der Finanzverwaltung überwiegt bei einem TV- oder Radio-Quiz meist der spielerische Anteil und dass es zu einem guten Teil Glückssache ist, ob und wie viel man gewinnt. Ob diese Ansicht jedoch angesichts des aktuellen BFH-Urteils weiterhin Bestand haben wird, mag bezweifelt werden. Trotz Gewinnstufen, Joker oder Veto dient die Teilnahme, anders als beim Lotto, der Unterhaltung. Dies wird durch eine gezielte Casting-Auswahl des Kandidaten sichergestellt. Der Kandidat erbringt seine Gegenleistung als „Entertainer“. Dass er trotz diverser richtig beantworteter Fragen am Ende leer ausgehen kann, ändert die Beurteilung nicht – entgegen Derlien in: Eine kleine dicke Steuerschuld, Daniela Kuhr, Sueddeutsche.de  vom 5. März 2008. Wie ausgeführt, kommt es für den BFH nicht darauf an, wie hoch die Gewinnchance letztendlich ist.

LG Bielefeld, Urt. v. 18. September 2007 – 6 O 360/07 unter www.nrwe.de§ 22 KunstUrhG; Anspruchsgrundlage: §§ 1004823 Abs.1, Abs.2 BGB i. V.m. § 22 KunstUrhG; LG Köln ZUM (Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht) 2002, 162 f.; OLG Karlsruhe, Urt. v. 26. Mai 2006 – 14 U 27/05; bzgl. des „Ob“ und „Wie weit“ (Umfangs) der Einwilligung gilt die sog. Zweckübertragungsregel, vgl. die Hinweise im unteren Bereich dieses Artikels; AG Frankfurt, Urt. v. 27. April 1995 – 31 C 401/94.