Keine Veröffentlichung von Casting-Aufnahmen ohne Zustimmung des Schauspielers

Das Landgericht Köln untersagte am 24. Mai 2007 einer Filmproduktion durch einstweilige Verfügung, einen Kinofilm mit Bonus-Szenen vom Casting auf DVD auszuwerten. Der Schauspieler hatte die entsprechenden Rechte nicht eingeräumt.

Das Casting dient der Rollenauswahl von Schauspielern und anderen Künstlern in der Vorproduktion vom Filmaufnahmen und anderen Inszenierungen. Es ist das Vorsprechen, Vorsingen, Vortanzen oder Vorführen des Könnens vor dem Regisseur oder Produzenten zur Entscheidung über die Besetzung der Rolle. Werden in diesem frühen Stadium einer Präsentation schon Rechte zur Auswertung der Bild- und/oder Ton-Aufnahmen eingeräumt, wenn keine Abrede besteht?

Nein. Schauspieler, Moderatoren, Quizmaster, Synchronsprecher, Zauberkünstler und Tänzer gehören zu den ausübenden Künstlern. Diese erwerben sog. Leistungsschutzrechte, soweit die Darbietung einen gewissen künstlerischen Gehalt aufweist. Dies gilt auch für Studiodarbietungen. Außerdem steht allen Personen ein Recht am eigenen Bild zu.

Casting-Material wird nicht automatisch vom Vertrag erfasst

Schließt ein Schauspieler mit einem Filmhersteller einen Vertrag über die Mitwirkung bei der Herstellung eines konkret bezeichneten Kinofilmes, darf der Hersteller den Film in der Regel zwar auch auf Bild-/Tonträgern wie DVDs vermarkten. Eine im Urheberrechtsgesetz (UrhG) normierte weit gehende Rechteeinräumung unterstützt sein Interesse an einer möglichst ungehinderten Auswertung des (oftmals kostspieligen) Films.

Ein solcher Vertrag existiert im Zeitpunkt der Casting-Aufnahmen allerdings noch nicht. Die Aufzeichnung eines Castings dient – ähnlich einer Bewerbung – vielmehr dazu, eine Entscheidung über die Rollenbesetzung (Kameratauglichkeit, schauspielerische Leistung etc.) überhaupt erst herbeizuführen. Von einem später abgeschlossenen Vertrag wird das Casting-Material nicht etwa automatisch „rückwirkend“ erfasst.

Dies ergibt sich auch aus der sog. Zweckübertragungsregel. Danach gilt: Werden Nutzungsrechte – wie hier – nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet, räumt der Rechteinhaber im Allgemeinen nur diejenigen Rechte ein, die für das Erreichen des Vertragszwecks unerlässlich sind. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kann die Einräumung von über den Vertragszweck hinausgehenden Nutzungsrechten nur angenommen werden, wenn ein entsprechender Parteiwille – und sei es nur aufgrund der Begleitumstände und des schlüssigen Verhaltens der Beteiligten – unzweideutig zum Ausdruck gekommen ist.

Ein Kinofilm lässt sich auch ohne Casting-Aufnahmen auf DVD auswerten

Die Ergänzung des Kinofilmes durch Casting-Aufnahmen, die den Schauspieler schon im Vorfeld der eigentlichen Produktion zeigen, ist sicher nicht unerlässlich zur Auswertung des Films auf DVD. Eine Behauptung, es sei vor bzw. während des Castings „über eine Auswertung und Veröffentlichung der Casting-Szenen gesprochen worden“, hätte der Filmhersteller zu beweisen. Verbleiben Zweifel („unzweideutig“) ist zugunsten des Rechteinhabers zu entscheiden – hier also im Sinne des Schauspielers. Der Rechteerwerber trägt den Nachteil, wenn er davon absieht, bestimmte Nutzungsarten einzeln zu bezeichnen, ihn trifft die Spezifizierungslast.

Dies gilt übrigens auch für die Nutzung von Porträtfotos: Schauspieler und Models dürfen ihre professionell erstellten Porträts nicht ohne Zustimmung des Fotografen im Internet, auf Setcards oder Autogrammkarten nutzen. Weitere Einzelheiten und Nachweise finden Sie in diesem Artikel.

Der rechtskräftige Beschluss des Landgerichts Köln hat das AZ 28 O 278/07. Rechte des Filmherstellers zur Vervielfältigung und Verbreitung des Films auch auf DVD folgen aus §§ 92 Abs.1, 77 II S.1, 16 II UrhG. Anders als Urheberrechte sind Leistungsschutzrechte übertragbar, § 79 I UrhG. Die Zweckübertragungsregel gilt nach § 31 Abs.5 S.2 1. Fall UrhG auch bzgl. der Frage, ob überhaupt ein Nutzungsrecht eingeräumt wird. Sie findet – wie hier – auch im Bereich der Leistungsschutzrechte Anwendung, § 79 Abs.2 S.2 UrhG, BGH GRUR 1984, 119, 121, Synchronisationssprecher“. § 89 UrhG ist nur vorrangig für Filmwerke, soweit es um urheberrechtlich geschützte Leistungen geht (Kameramann, Regisseur), BGH, Urt. v. 19. Mai 2005 – ZR I 285/02, „Der Zauberberg“. BGH zur Zweckübertragungstheorie: BGH, Urt. v. 14. Dezember 2006 – I ZR 34/04, „Archivfotos“; BGH, Urt. v. 22. April 2004 – Comic-Übersetzungen III, ZUM 2004, 830 f. jeweils auch unter www.bundesgerichtshof.deOLG Köln Urt. v. 19. Januar 2007 – 6 U 163/06 zur Spezifizierungslast des Rechteerwerbers.