Videoboardwerbung mit eingeschränkter Werbewirkung

Werbung per Videoclips auf dem Bahnhofsvorplatz im Wiederholungstakt je 100 Sekunden. Allerdings mit Namen und Internetadresse eines Hauptkonkurrenten auf dem Videoboard – obwohl Konkurrenzschutz vereinbart ist. Ein solcher Verstoß kann zu Kündigung und Schadenersatz wegen beeinträchtigter Werbewirkung führen, so der BGH im März 2008.

Zwar können Kunden rechtmäßige Werbung verlangen, Näheres dazu hier. Die Kontrolle, ob eine geplante Werbemaßnahme rechtmäßig ist, gehört zu den wesentlichen Vertragspflichten einer Werbeagentur. Andererseits haben es die Agenturen grundsätzlich nicht zu verantworten, wenn Werbung erfolglos bleibt. Das Risiko fehlender Werbeeffizienz trägt der Auftraggeber. Eine konzipierte Werbemaßnahme muss „nur“ prinzipiell geeignet sein, die vom Kunden (erkennbar) anvisierten Werbeziele zu erreichen. Vgl. hierzu den Artikel Werbung wirkt – wirkt Werbung?

Was aber gilt, wenn ein Werbedienstleister die anvisierten Werbeziele selbst und vertragswidrig beeinträchtigt? Im März 2008 hatte der BGH über die Rechte eines Auftraggebers auf der Grundlage eines Vertrags über Videoboardwerbung zu entscheiden.

Videoboardwerbung als Werkvertrag

Ein Vertrag mit dem Inhalt, der Öffentlichkeit auf einem Videoboard Werbevideoclips eines Werbetreibenden zu zeigen, die dieser selbst zur Verfügung zu stellen hat, ist ein Werkvertrag. Das Unternehmen ist verpflichtet, die vom Kunden überlassenen Werbespots auf dem Videoboard mit einer bestimmten Wiederholungssequenz zu präsentieren. Gegenstand des Vertrages ist also ein Arbeitsergebnis (Ausstrahlung des Videoclips alle 100 Sekunden). Um einen Mietvertrag handelt es sich nicht, weil dem Kunden die Werbeflächen nicht zum eigenen Gebrauch überlassen werden.

In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte ein im Bauträgergeschäft tätiges Unternehmen seine Werbevideoclips in einer 100-Sekunden-Sequenz zu monatlich € 2.200,-- zzgl. Mehrwertsteuer ausstrahlen lassen. Die Parteien hatten zudem vereinbart, dass Werbung für ein gleiches Produkt an gleicher Stelle ausgeschlossen sein sollte. Trotz dieses Konkurrenzverbots musste der Werbetreibende wenige Monate später feststellen, dass auf dem Videoboard auch Name und Internetadresse seines Hauptkonkurrenten in den neuen Bundesländern gezeigt wurden. Mit welchen Folgen?

Schutz vor konkurrierender Werbung als Nebenpflicht

Nach Ansicht des BGH hatte das Unternehmen aufgrund des Verstoßes gegen die Konkurrenzschutzklausel zwar kein Recht zum Rücktritt vom Vertrag. Ein Mangel liege nicht vor. Ein solcher wäre nur dann gegeben, wenn der Schutz von konkurrierender Werbung Teil der geschuldeten Werkleistung und damit Hauptpflicht des Werkvertrags gewesen wäre. Hauptpflicht  war aber die Ausstrahlung des vom Werbetreibenden zur Verfügung gestellten Werbespots. Der im Vertrag vereinbarte Ausschluss der Werbung für ein gleiches Produkt an gleicher diente dazu, die mit der Ausstrahlung des Spots angestrebte Werbewirkung zu sichern. Eine solche Verpflichtung sei typischerweise eher Gegenstand einer Nebenpflicht.

Kündigung und Schadenersatz

Aus der Verletzung dieser Nebenpflicht zum Konkurrenzschutz könne sich aber ein Kündigungsrecht ergeben. Danach sei der Vertrag über die Videoboardwerbung ggf. aus wichtigem Grund wegen unzumutbarer Fortsetzung des Vertrags zu kündigen.

Voraussetzung für eine solche Kündigung ist nach den gesetzlichen Bestimmungen grundsätzlich eine Fristsetzung zur Abhilfe bzw. eine erfolglose Abmahnung. Die Kündigung muss innerhalb angemessener Frist nach Kenntnis vom Verstoß gegen die Konkurrentenschutzvereinbarung erfolgen.

Bei Missachtung der Klausel zum Konkurrentenschutz ist zudem der durch die Verletzung der Nebenpflicht entstandene Schaden zu ersetzen. Der Schaden kann in der Beeinträchtigung der von den Parteien mit dem Vertrag angestrebten Werbewirkung liegen. Die Höhe des entstandenen Schadens hat der Richter ggf. zu schätzen.

Und ohne Konkurrenzschutzklausel?

Auch ohne eine Klausel zum Schutz vor Werbung der Mitbewerber kann ein Konkurrentenschutz als Nebenpflicht bestehen. Nebenpflichten entstehen bereits bei Anbahnung eines Vertrages oder ähnlichen geschäftlichen Kontaktes, einer Formulierung bedarf es nicht. Nach den Vorschriften des BGB ist jeder zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und (wirtschaftlichen) Interessen des anderen verpflichtet. Mehr zum Thema Ideenschutz bei Geschäftsanbahnung hier. Wie weit derartige Schutz- und Obhutspflichten gehen und ob sie auch eine Konkurrenzverbot statuieren, ist eine Frage des Einzelfalls. Hierbei spricht etwa die hohe Zahl der Werbeanzeigen auf einer „Städte-Info-Tafel“ gegen einen „automatischen“ Schutz vor Mitbewerbern. Demgegenüber lassen sich ein hoher Preis einer exklusiven Werbemaßnahme (Videoboard) und deren besondere Präsentation (als besonderer Eyecatcher gesondert und exponiert), als Indiz für Konkurrentenschutz anführen.

Zur Klarstellung empfiehlt sich in jedem Fall eine Regelung, ob Werbung für ein gleiches Produkt an gleicher Stelle ausgeschlossen sein soll oder nicht.

BGH, Urt. v. 26. März 2008 – X ZR 70/06, unter www.bundesgerichtshof.de§ 634 Nr.3 (Rechte des Bestellers bei Mängeln), § 636 BGB (Besondere Bestimmungen für Rücktritt und Schadenersatz); § 631 BGB (Werkvertrag); § 535 BGB (Mietvertrag); § 280 BGB (Schadenersatz wegen Pflichtverletzung); § 314 BGB (Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund); § 241 BGB (Pflichten aus dem Schuldverhältnis)§ 287 ZPO (Schadensschätzung). Vgl. auch den Artikel „Vertragspflichten und Störerhaftung der Werbeagenturen“ von Nennen in GRUR 2005, 214 ff.