Tauschbörsen: Abmahnung und pauschales Bestreiten

Der erste Anschein spricht für eine Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers hinsichtlich der Rechtsverletzungen, die über die ihm zugeteilte IP-Adresse erfolgen. Diese tatsächliche Vermutung kann der Inhaber des Internetanschlusses aber widerlegen. Wie aber lässt sich „beweisen“, dass man noch nie Musik, Filme oder Spiele down- oder gar upgeloadet hat?

Bereits im Mai 2010 hielt der BGH fest, dass der Inhaber eines Internetanschlusses, von dem aus urheberrechtlich geschützte Werke öffentlich zugänglich gemacht werden, eine sog. sekundäre Beweislast trifft, wenn er geltend macht, nicht er, sondern ein Dritter habe die Rechtsverletzung begangen. Was aber bedeutet dies in der Praxis?

Darlegungs- und Beweislast

Nach den allgemeinen Grundsätzen hat der Anspruchsteller die Voraussetzungen eines von ihm geltend gemachten Anspruchs darzulegen und zu beweisen, vgl. hierzu schon den Artikel Nachweis von Urheberrechten. Ein Anspruchsteller, der gegen Urheberrechtsverletzungen in einer Peer-to-Peer-Tauschbörse (P2P) vorgeht, muss also, neben der Inhaberschaft der entsprechenden Rechte, auch z. B. nachweisen, dass der Empfänger seiner Abmahnung der Verletzer ist. Tatsächlich hat der Anspruchsteller allenfalls Kenntnis (1) von der eingetretenen Rechtsverletzung und (2) davon, dass der Verstoß über die dem Abmahngegner zugeordnete IP-Adresse erfolgte (in Abmahnungen oft fälschlich als „beweissichere Dokumentation“ dargestellt). Bestreitet der Anschlussinhaber, jemals Musik, Filme oder Computerspiele down- oder gar upgeloadet zu haben, müsste der Anspruchsteller nach den allgemeinen Regeln etwa beweisen: War der Anschlussinhaber tatsächlich Täter oder Teilnehmer der Urheberrechtsverletzung? Und wenn nicht selbst: Hat er allenfalls unzureichende vorbeugende Maßnahmen getroffen, um Rechtsverletzungen von seinem Anschluss aus zu unterbinden (Negativbeweis)?

Sekundäre Beweislast: Bloßes Bestreiten reicht nicht!

Die Schwierigkeiten, Tatsachen oder sogar das Nichtvorliegen derer aus der Sphäre des unbekannten Abmahngegners vorzutragen und zu beweisen, liegen auf der Hand. Wie soll ein Negativum, wie z. B. das Nichtvorliegen einer sicheren WPA-Verschlüsselung eines W-LAN-Netzwerks, nachgewiesen werden? Nach den Grundsätzen der sekundären Beweislast reicht ein pauschales Betreiten des Abgemahnten daher nicht, um die Vermutung der dargelegten Rechtsverletzung zu erschüttern. Er hat vielmehr konkret darzulegen, welche tatsächlichen Umstände dafür sprechen, dass er nicht verantwortlich ist.

Beispiele für substantiiertes Bestreiten

Dem von der Rechtsprechung verlangten substantiierten Bestreiten wird etwa wie folgt genüge getan:

  • Nachweis, zum fraglichen Zeitpunkt im Urlaub gewesen zu sein (etwa durch Reiseunterlagen), während sich die PC-Anlage in einem für Dritte nicht zugänglichen, abgeschlossenen Büroraum befunden hat, so in dem eingangs genannten BGH-Urteil;
  • Darlegung, inwieweit der Anschluss vor Zugriffen Dritter geschützt ist, bei W-LAN-Netzwerk etwa durch sichere WPA-Verschlüsselung bei 24-stelligem Passwort;
  • Nachweis einer Absicherung durch Firewall, unterschiedlicher Passwörter für verschiedene Benutzer, einer systemtechnischen Unterbindung der Nutzung von Fileshareware;
  • Bereitstellung des Computers zur Prüfung, dass Fileshareware hierauf nicht vorhanden ist und war.

Zur Erfüllung von Belehrungs- und Kontrollpflichten von Eltern vgl. schon den Artikel Abmahnung: Filesharing, MP3-Musikdateien und Aufsichtspflicht der Eltern. Wer aufgrund der vorangegangenen Ausführungen eine Möglichkeit substantiierten Bestreitens sieht, sollte dennoch nicht eigenmächtig und ohne Rat eines mit derartigen Fällen erfahrenen Anwalts agieren.