Ein Mieterfest als Zeitgeschichte

Wer an Veranstaltungen oder Festen von nur regionaler oder lokaler Bedeutung teilnimmt, muss eine Bildberichterstattung grundsätzlich dulden. So hatten es Großmutter, Tochter und Enkelin als Teilnehmerinnen eines Mieterfestes hinzunehmen, dass ihr entspanntes Beisammensein per Foto in einer Informationsbroschüre präsentiert wurde.

Dass derjenige, der im Rampenlicht steht, und sei es auch nur für eine begrenzte Öffentlichkeit, den anwesenden Medienvertretern grundsätzlich eine Einwilligung zur Berichterstattung über die Veranstaltung ersteilt, wurde bereits erörtert im Artikel Achtung Presse! Mein Bild in den Medien!? Soweit hinsichtlich der (einwilligenden) Akteure. Wie aber ist es bei den Personen auf der „anderen Seite“ der Veranstaltung, bei den Teilnehmern?

Weiter Begriff des Zeitgeschehens

Nach § 23 I Nr.1 KUG dürfen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte ohne Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht werden. Maßgeblich für die Frage, ob es sich um ein derartiges Bildnis handelt, ist das Zeitgeschehen. Dieses erfasst alle Fragen von allgemein gesellschaftlichem Interesse, vgl. hierzu schon den Beitrag Fotos von Prominenten in der Werbung. Im Jahr 2013 stufte der BGH bereits eine Sportveranstaltung von nur regionaler Bedeutung als Zeitgeschehen ein.

Einzelfallbezogene Abwägung der kollidierenden Rechtspositionen

Das Recht, Bildnisse von Personen zu veröffentlichen, besteht allerdings nicht schrankenlos. vgl. § 23 II KUG. Gerade bei „nur“ unterhaltenden Inhalten bedarf es dabei in besonderem Maße einer Abwägung der kollidierenden Rechtspositionen: zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf der einen und der persönlichen Sphäre des Abgebildeten auf der anderen Seite. Hinsichtlich des Mieterfest-Fotos hat der BGH dabei in einer einzelfallbezogenen Abwägung herausgestellt:

  • dass auch eine Informationsbroschüre (ohne Begleittext) zu den Medien gehöre, an der unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit ein schützenswertes Interesse bestehen könne, über Ablauf und Atmosphäre der Veranstaltung zu informieren;
  • andererseits die Beeinträchtigung der (namenlosen) Abgebildeten – inkl. der minderjährigen Enkelin – nur gering sei, weil (1) die Broschüre ausschließlich an die Mieter der Wohnungsbaugesellschaft, also an einen begrenzten Adressatenkreis in einer Auflage von nur 2.800 Stück verteilt wurde und (2) es aufgrund der Bildberichterstattungen in Mieterbroschüren der Vorjahre davon auszugehen war, dass wieder Fotos gefertigt würden und (3) diese auch nicht heimlich erstellt worden waren.

Bewertung und Fazit

Während die Rechtsprechung früher – nicht selten schematisch – auf den Status der abgebildeten Person („absolute“ bzw. „relative“ Person der Zeitgeschichte) abstellte, ist heute eine einzelfallbezogene Abwägung der widerstreitenden geschützten Interessen entscheidend. Nicht berücksichtigt hat der BGH hierbei jedoch, dass die in der Mieterbroschüre verwandten Fotos letztendlich als Marketinginstrument eingesetzt sind: zur Herstellung und nachhaltigen Gewährleistung der Mieter- also Kundenzufriedenheit. Die Pflege bestehender Kundenbeziehungen fördert die Kundenbindung und deren Bereitschaft zur Weiterempfehlung. Damit sind die Fotos keine Bestandteile redaktioneller Berichterstattung, sondern werblich veranlasst. Niemand muss es hinnehmen, ungefragt als Werbezugpferd eingespannt zu werden, vgl. insoweit den Artikel Unfreiwillig Werbemodell? Eine Geldentschädigung hat der BGH im Ergebnis aber zu Recht verwehrt, weil kein schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben ist, vgl. dazu den Beitrag Paparazzi-Fotos – keine Geldentschädigung für Heike Makatsch.

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