Illegales Filesharing durch Kinder – keine unbegrenzte Aufsichtspflicht der Eltern

Eine eindringliche Belehrung darüber, dass die Teilnahme an einer Internettauschbörse verboten ist, reicht üblicherweise. Erst wenn Zweifel aufkommen, müssen Eltern die Internetnutzung durch ihr Kind überwachen, den Computer überprüfen und je nach Einzelfall sogar den Zugang zum Internet (teilweise) sperren, so der BGH in einer aktuellen Entscheidung.

Kein Anlass, Kindern von vornherein zu misstrauen

Endlich hat der Bundesgerichtshof die Aufsichtspflichten der Eltern auf ein zumutbares Maß beschränkt: Im entschiedenen Fall reichte es, dass der „normal entwickelte“ 13-jährige Sohn über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen (P2P-Netzwerken, Peer-to-Peer-Software, Filesharing) belehrt worden war. Ausschlaggebend für eine solche Festlegung der Aufsichtspflicht ist

  • das generelle Verhalten des Kindes, also die Frage: Wie geht es mit den grundlegenden elterlichen Geboten und Verboten um – missachtet es diese auch mal?
  • das konkrete Verhalten des Kindes im Internet, also folgende Aspekte: Gibt es Anhaltspunkte für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses? Für eine Teilnahme an einer Tauschbörse? Oder gar eine entsprechende Abmahnung?

Weitergehende Aufsichtspflichten: Kontrolle und weitere Maßnahmen

Nur wenn eine dieser Fragen mit „Ja“ beantwortet wird, wenn also konkrete Anhaltspunkte (Verdachtsmomente) für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses durch das Kind vorliegen, sind die Eltern zu weitergehenden Maßnahmen verpflichtet. Sodann hätten Eltern - nachweisbar! -

  • je nach Verhalten des Kindes eine Firewall oder ein Sicherheitsprogramm (Kinderschutzsoftware) zu installieren bzw. durch einen Fachmann installieren zu lassen, so dass die Einrichtung einer Filsharingsoftware ausgeschlossen würde,
  • bei wiederholter oder grober Missachtung sogar der Zugang zum Internet (teilweise) zu sperren.

Softwarecontrolle grundsätzlich nicht erforderlich

Im höchstrichterlich entschiedenen Fall hatte der 13-Jährige die Tauschbörsenprogramme „Morpheus“ und „Bearshare“ auf seinem PC installiert. Dabei war das Symbol des Programmes „Bearshare“ sogar auf dem Desktop des PC angebracht. Die Eltern hätten die installierten Programme bei Kontrolle der Softwareliste und hinsichtlich des Filesharingprogramms „Bearshare“ bereits bei einem Blick auf die Benutzeroberfläche des Computers erkennen können.

Erkennen können – aber nicht müssen! Mit der BGH-Entscheidung sind solche Kontrollmaßnahmen eben nicht per se nötig – solange keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Kind dem Filesharing-Verbot zuwiderhandeln könnte. Anderslautende Urteile der Instanzgerichte sind hinfällig, vgl. dazu bereits die Artikel Abmahnung: Filesharing, MP3-Musikdateien und Aufsichtspflicht der Eltern und Keine Aufsichtspflicht der Eltern für ihre Kinder im Internet.

Fazit und Ausblick

Ein erfreuliches Urteil, dass der Abmahnindustrie die Suppe in vielen Fällen der Nutzung eines Internetausschlusses durch mehrere Personen kräftig versalzen dürfte. Die Entscheidung lässt sich auch zur Haftung für Rechtsverletzungen anderer Dritter heranziehen. Auch hier ist zunächst von eigenverantwortlichem rechtmäßigen Handeln auszugehen, also: Ohne jeden Verdacht keine Überwachungspflichten hinsichtlich anderer Mitglieder des Familienverbundes (z. B. volljähriger Kinder) und Ehepartner.

Was in welchem Umfang im Fall einer Abmahnung nachzuweisen ist, lesen Sie bitte im Artikel Tauschbörsen: Abmahnung und pauschales Betreiten. Sie sind abgemahnt worden oder haben weitere Fragen? Gerne unter nennen(at)nennen.de oder per Anruf.