Kleingedrucktes im Darstellervertrag

Eine Schauspielerin wirkt auf der Grundlage eines „Anstellungsvertrags für Darsteller“ in einem Kinofilm mit – und muss später Bildnisse aus ihrer Filmrolle auf einem Sammelbild und Verpackungen einer Schokoladenherstellerin hinnehmen? Ja, „Allgemeine Bedingungen für Filmschaffende“, von der Filmproduktion beigefügt, machen`s möglich, so OLG Hamburg.

Es ist nicht so, dass die Schauspielerin den Darstellervertrag (in der Praxis auch: Schauspielervertrag, Mitwirkendenvertrag) ungelesen unterschrieben hätte. Auch das Kleingedruckte in der Anlage, die „Allgemeinen Bedingungen für Filmschaffende“, hat sie sich vorgenommen. Im Zusammenhang mit den Rechten, die sie einräumen sollte, hat sie zudem folgende Klausel vollständig gestrichen:

Merchandisingrecht? Nein, danke.

„Das Merchandising-Recht,

 d. h. das Recht zur kommerziellen Auswertung der Produktion durch Herstellung und Vertrieb von Waren und Dienstleistungen und multimedialen Produkten aller Art unter Verwendung von Vorkommnissen, Namen, Titeln, Figuren, Abbildungen oder sonstigen in Beziehung zu der Produktion stehenden Zusammenhängen und unter Verwendung derartiger Elemente oder durch bearbeitete oder unbearbeitete Ausschnitte aus der Produktion für Waren und Dienstleistungen jeder Art zu werben...“

Mit der Streichung sollte doch klargestellt sein, dass sich mit „Abbildungen“ der Schauspielerin aus der Produktion nicht „für Waren ... jeder Art ... werben“ lässt. Oder?

Nein. Die von der Filmproduktion verwandten „Allgemeinen Bedingungen für Filmschaffende“ enthielten nämlich noch die weitere – nicht gestrichene – Klausel:

Recht zur Werbung und Klammerteilauswertung

„Das Recht zur Werbung und Klammerteilauswertung,

d. h. die Befugnis, Ausschnitte aus der Produktion für Werbezwecke oder innerhalb anderer Produktionen beliebig zu nutzen und ohne Beschränkung auszuwerten. Eingeschlossen ist das Recht, in branchenüblicher Weise (z. B. im Fernsehen, im Kino, auf Videoprogrammen oder in Druckschriften) auch unter Verwendung des Namens und des Bildes des Filmschaffenden für die Produktion und deren umfassende Auswertung oder für andere Produkte zu werben.“

Nach Ansicht des OLG Hamburg erfasse Satz 2 dieser Klausel ausdrücklich, „das Recht, in branchenüblicher Weise ... auch unter Verwendung des Namens und des Bildes des Filmschaffenden für die Produktion ... oder für andere Produkte zu werben“. Auf dieser Grundlage habe die Filmproduktionsfirma die Rechte zur Nutzung des Bildnisses der Schauspielerin erlangt und der Schokoladenherstellerin zur Durchführung ihrer Werbeaktion einräumen können. Eine andere Auslegung lasse der Wortlaut der Klausel nicht zu. Diese sei auch nicht überraschend und damit unwirksam, da die in ihr beschriebenen Werbemaßnahmen weithin üblich seien.

Auf die gestrichene Vertragsklausel („Merchandising“) komme es nicht an. Als Grundlage der Auslegung des Vertrages seien vereinbarte und nicht, aus welchen Gründen auch immer, gestrichene Vertragsbestimmungen heranzuziehen. Ein klarer Wille, das Recht zu beschränken, das Bild der Schauspielerin für die Bewerbung anderer Produkte zu nutzen, sei nicht dargelegt.

Andere Auffassung vertretbar

Eine Gerichtsentscheidung, die auch anders hätte ausgehen können. Immerhin haben die Vertragsparteien auf die Einräumung des Merchandisingrechtes einvernehmlich verzichtet (mit „Abbildungen“ der Schauspielerin „für Waren ... jeder Art ... zu werben“). Eine Streichung ist, entgegen den Ausführungen des Gerichts, sehr wohl zu berücksichtigen. Maßgebend ist die Sicht eines sorgfältigen Empfängers der Willenserklärung unter Berücksichtigung aller (!) ihm erkennbaren Umstände des Einzelfalles. Heranzuziehen sind insbesondere der Wortlaut als Ausgangspunkt und sämtliche (!) Begleitumstände sowie die Verkehrssitte als eine in der Praxis herrschende tatsächliche Übung.

Apropos Verkehrssitte: Die in der Klausel beschriebene Werbung für den Film und dessen umfassende Auswertung z. B. im Fernsehen, im Kino (Trailer), Online (Websites, Newsletter etc.) und in Druckschriften ist sicher branchenüblich. Dies gilt indes nicht für eine darüber hinaus gehende (unentgeltliche?) Werbung für (jedwede?) Drittprodukte. Ob ein Schauspieler auch insoweit eine Bildnutzung gewährt, bleibt seiner Entscheidung im Einzelfall vorbehalten. Bei Verwendung des Bildnisses zu Werbezwecken verlangt die Rechtsprechung gar eine ausdrückliche Einwilligung, die zudem nie „alle erdenkbaren Fälle“ erfasst: Dem Abgebildeten müssen Art, Zweck und Umfang der geplanten Verwendung bekannt sein, nur insoweit gilt die Einwilligung als erteilt. Vgl. hierzu näher den Artikel „Die Super-Nanny“ – Konfliktdarstellung mit Einwilligung. Dieses im Kunsturhebergesetz (Recht am eigenen Bild) angelegte Schutzkonzept lässt die Klausel außer Acht. Sie greift durch ihre Formulierung am Ende (... „für andere Produkte“) überraschend weit in die Rechte des Schauspielers und benachteiligt diesen unzumutbar.

Fazit: Verträge und Kleingedrucktes sorgfältig prüfen

Wer als Schauspieler sicher gehen möchte, dass sein Bildnis nicht ohne Einwilligung zur Werbung jenseits des Films verwendet wird, sollte alle Klauseln bis zum Ende checken. Nur durch sorgfältige Prüfung lässt sich sicherstellen, dass ein Recht trotz Wegfalls einer Bestimmung nicht (weiterhin) von einer anderen erfasst ist. Für die Filmproduktion ist die Entscheidung, wie gezeigt, kein Freibrief. Sind Klauseln unklar formuliert, gehen Zweifel zu Lasten des Verwenders der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Zweifel über die Einräumung von Rechten wirken sich nach st. Rechtsprechung zu Lasten des Lizenznehmers, der Filmproduktion, aus. Vgl. hierzu den Artikel Keine Veröffentlichung von Casting-Aufnahmen ohne Zustimmung des Schauspielers.

OLG Hamburg, Urt. v. 15. September 2009 – 7 U 1/09 (rk.), IPRB 2010, S.6 f.; §§ 133, 157 BGBAuslegung von Willenserklärungen, § 305c Abs.1 BGB (Überraschende Klausel), Abs.2 (Zweifel bei der Auslegung); § 307 Abs.2 BGB (unangemessene Benachteiligung); vgl. auch LG München, Urt. v. 29. März 2001 – 7 O 14849/00: „Allgemeine Zuschauer- und Mitspielerbedingungen“ einer TV-Show berechtigen nicht zu werblicher Bildnisnutzung, näher dazu im Artikel Partyfotos im Internet.