Abzocke mit Subdomain .co.de?

Unter dem Betreff „Rechtliche Klärung wegen Ihrer Domain.co.de“ bietet ein Osnabrücker Unternehmen zahlreichen Domaininhabern die „Vorvergabe von .co.de-Domains an Markeninhaber zur Vermeidung juristischer Probleme an“ – als Domainmiete zu jährlich 99,- EUR. Das Schreiben enthält irreführende Angaben, es ist wettbewerbs- und rechtswidrig.

Neben zahlreichen anderen Domaininhabern, vgl. Heise-Online, Artikel .de-Subdomains: Ärger um co.de, gehört auch der Autor dieses Artikels zu den vielen Adressaten der Websuche Search Technology GmbH & Co. KG, die „eine der wichtigsten Seiten im deutschen Markt betreiben“.

Irreführende Werbung

Ob eine Werbung irreführende Angaben enthält, bestimmt sich maßgeblich danach, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung aufgrund ihres Gesamteindrucks versteht. Entscheidend ist das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers, der der Werbung eine der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt. Bei missverständlichen oder mehrdeutigen Angaben liegt bereits dann eine Irreführung vor, wenn ein nicht ganz unerheblicher Teil der relevanten Adressaten die Werbung in einem Sinne versteht, die nicht den objektiven Gegebenheiten entspricht.

Das rechtswidrige Schreiben

Diese Voraussetzungen liegen vor. Das Schreiben startet wie folgt: „... wie Sie wissen gibt es in sehr vielen Ländern der Welt Domains mit einem .co. vor dem Ländercode der Domain (z.B. in Großbritannien .co.uk). In Kürze wird dies auch in Deutschland der Fall sein.“

Im Schreiben wird ein .co. vor dem Ländercode der Domain (1) fälschlich als allgemeiner Trend dargestellt, wenn nicht gar bereits als weltweiter gegenwärtiger Standard („wie Sie wissen gibt es in sehr vielen Ländern der Welt ...“).

Es wird ferner (2) suggeriert, dass es auch in Deutschland in naher Zukunft gleichwertig neben der bislang einzigen Länderkennung .de eine neue „.co.de“-Toplevel-Domain (TLD) geben werde: Endlich (dem weltweiten Trend entsprechend) eine „.co.de“-Domain als der britischen co.uk-TLD ebenbürtig („...dies auch in Deutschland“). In der Faxvorlage des Schreibens wird ausdrücklich von „Domainbestellung“ gesprochen: „Ja, hiermit bestellen wir folgende Domain(s): nennen.co.de“. Tatsächlich handelt es sich lediglich um eine Subdomain unter der Domain www.co.de des Unternehmens Websuche Search Technology GmbH & Co. KG.

Die Abkürzung .co steht (3) nach dem Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers für „commercial“ (entsprechend der britischen co.uk-TLD). Eine solche neue TLD wäre mithin gerade für geschäftliche Anbieter von Waren und Dienstleistungen von Interesse. Wurden Marken und Kennzeichen häufig kostspielig, mühsam und über lange Zeiträume im Netz aufgebaut, scheinen diese Erfolge nunmehr in Gefahr – zumal bei „einer der wichtigsten Seiten im deutschen Markt“. Eine für kommerzielle Angebote allgemein anerkannte Bedeutung wie die britische „offizielle“ co.uk-TLD hat eine Subdomain .co indes nicht.

Das Schreiben versucht obendrein, (4) unter einem „offiziellen Deckmantel“ über den rein werblichen Charakter einer teuren und irrelevanten Subdomainmiete hinwegzutäuschen. Es gehe um eine „rechtliche Klärung“, so der Betreff des Schreibens. Die Vorvergabe von .co.de-Domains an Markeninhaber laufe während der „Sunrise-Phase“ angeblich zur Vermeidung juristischer Probleme, bevor es dann möglich werde, dass „die Domain in den Landrushphase durch einen Dritten registriert wird“. Mit solchen Begrifflichkeiten wurde etwa bei der Einführung der .eu-TLD hantiert oder jüngst im Zusammenhang mit der Vergabe der ein- oder zweistelligen .de-Domains. Das Schreiben gaukelt auch insoweit überragende Wichtigkeit und Eile zur Entscheidung vor – der Druck auf den Rezipienten wird zusätzlich erhöht. Und last but not least, kaum zu glauben: Die Websuche Search Technology GmbH & Co. KG lässt sich im Adressfeld der eigens gefertigten Faxvorlage (Rückseite des Schreibens) sogar „offiziell“ als „co.de Vergabestelle“ anschreiben.

Was ist so schlimm an einer Subdomain co.de?

Alle Domains unter der TLD .de werden von der DENIC Domain-Verwaltungs- und Betriebsgesellschaft eG verwaltet. Ausweislich der Ziffer I. der DENIC-Domainrichtlinien handelt die DENIC ohne Gewinnerzielungsabsicht zum Nutzen aller am Internet Interessierten. Die DENIC arbeitet innerhalb international anerkannter Standards und im Rahmen eines umfassenden Regelungswerks, etwa den Domainrichtlinien und Domainbedingungen. Sie gewährleistet seit nunmehr zwölf Jahren eine stabil und sicher funktionierende Infrastruktur. All das erhält man bei der Websuche Search Technology GmbH & Co. KG als Vertragspartner einer Domain(unter-)miete nicht. Ob eine Subdomain geeignet ist, die „bestehende Präsenz im Internet noch weiter auszubauen“ oder ob sich die € 99,00 jährlich mit diesem Ziel nicht besser anlegen lassen, sei dahingestellt.

Wird denn nicht hinreichend aufgeklärt?

Auf der Website der Websuche Search Technology GmbH & Co. KG unter www.co.de findet sich unten der Hinweis: „Bitte verwechseln Sie .co.de-Domains nicht mit herkömmlichen .de-Domains wie sie von der Denic vergeben werden. Alle co.de-Domains sind technisch gesehen Subdomains der Domain co.de und werden nur direkt von der Firma Websuche als Betreiber und Inhaber der co.de vergeben.“ Ob dieser Hinweis bei einer Bestellung via Internet als ausreichend anzusehen ist, sei dahingestellt, eine Irreführung durch das Schreiben wird dadurch jedenfalls nicht beseitigt. Dazu hätte es eines aufklärenden Hinweises in deutlicher Form auf dem Schreiben bedurft, zumal der Adressat seine Bestellung direkt und ohne jegliche Klarstellung mit dem rückseitig angebrachten Faxformular vornehmen soll.

Dafür bekommt man aber doch Webspace

Webspace? Stand im Schreiben etwas von Webspace? Nein. Wären Sie mit einer großen Menge Käse zufrieden, wenn Sie für das Mittagessen einen Braten geplant und bestellt haben? Dass eine (ungewollte) Leistung gewährt wird, ändert nichts an der Täuschung bzgl. der begehrten. Das Schreiben bezieht sich mit der co.de-Domain (neue TLD?) auf einen Gesichtspunkt, der für die vom Werbeadressaten zu treffende Marktentscheidung von zentraler Bedeutung. Die Formulierungen sind geeignet, den Adressaten zu einer Entscheidung zu veranlassen, die er ohne die Irreführung nicht getroffen hätte. Mit diesen Voraussetzungen liegt nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung vor. Das Schreiben täuscht über wesentliche Merkmale einer Dienstleistung, § 5 Abs.1 Nr.1 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb).

Und wer schon bestellt hat?

Wer auf die Masche hereingefallen ist, kann es mal mit einer Anfechtung seiner Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung versuchen und mit einer Anzeige bei der Verbraucherzentrale (wegen Verstoßes gegen das UWG) drohen. Weitere Informationen finden sich im Beitrag Abofallen im Internet – was tun gegen die Abzocke im Netz?


§ 5 Abs.1, Abs.1 Nr.1 UWG (Irreführungsverbot). Zur Irreführung BGH, Urt. v. 19. April 2007 – I ZR 57/05 „150% Zinsbonus“, dort ebenfalls zum Sternchenhinweis; BGH, Urt. v. 16. Dezember 2004 – I ZR 222/02 – „Epson-Tinte“; BGH, Urt. v. 29. Juli 2009 – I ZR 166/06 – „Finanz-Sanierung“ (auch zur wettbewerbsrechtlichen Relevanz) jeweils unter www.bundesgerichtshof.de. Vgl. auch den Artikel Praktiker-Slogan „20 % auf alles ... außer Tiernahrung“ rechtswidrig.