Peer to Peer-Tauschbörsen im Fokus des Strafrechts

Darf man urheberrechtlich geschützte Werke in „Filesharingplattformen“ tauschen? Inwiefern schützt das Recht der Privatkopie vor strafrechtlicher Verfolgung, und was bedeutet eigentlich das Merkmal der „offensichtlich rechtswidrig hergestellten bzw. öffentlich zugänglich gemachten Vorlage“?

Durch verschiedene Kampagnen der Musikindustrie und diverser Interessenverbände sollte die Öffentlichkeit für das Thema der illegalen Nutzung von Musik- und Filmwerken sensibilisiert werden. Dieses Ziel wurde allerdings nicht erreicht, vielmehr boten Aktionen wie „Hart aber gerecht“ oder „Raubkopierer sind Verbrecher“ einen höheren Unterhaltungswert als einen wirklichen Informationsgehalt.

Dies hat eine allgemeine Verunsicherung zur Folge. Auch durch den sog. „zweiten Korb“ des Urheberrechts ist indes keine gänzliche Klarstellung der Problematik aus strafrechtlicher wie auch zivilrechtlicher Sicht erfolgt. In Tauschbörsen stellen sich regelmäßig zwei verschiedene Handlungsformen dar: Die eine besteht in dem Anbieten der jeweiligen Musikstücke oder Filme, die andere ist der Download dieser auf die Festplatte oder auf sonstige Datenträger.

Strafbarkeit

Aus strafrechtlicher Sicht ist insbesondere § 106 UrhG einschlägig. Diese Bestimmung regelt die Unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke wie folgt:

Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk (…) vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Der Versuch ist strafbar.

Für die gewerbsmäßige Verwertung sieht § 108a UrhG gar eine Anhebung auf bis zu fünf Jahre vor.

Einigkeit über das Anbieten der Werke

Konsens besteht nach der Gesetzesnovellierung insoweit, als dass das Anbieten von geschützten Musik- und Filmwerken als Vorgang der öffentlichen Zugänglichmachung gem. § 19a UrhG ein Fall der öffentlichen Wiedergabe aus § 106 Abs.1 UrhG darstellt. Der eingefügte §19a UrhG führt damit den Bereich der öffentlichen Wiedergabe ausdrücklich den Verwertungsrechten der Urheber zu. Das Merkmal, dass die Werke in der „Öffentlichkeit“ (legaldefiniert in § 15 Abs.3 Satz 2 UrhG) angeboten werden müssen, ist in den Fällen der Tauschbörsianer zu bejahen. Es besteht regelmäßig kein persönliches Band zwischen den Teilnehmern, dies entsteht auch nicht aus der Vorliebe zum Tausch der betreffenden Dateien.

Es ist daher unzweifelhaft, dass das unberechtigte Anbieten geschützter Werke in Tauschbörsen nach § 106 Abs.1 UrhG strafbar ist.

Problemfall „Download“

Der Download eines Musikstückes auf die heimische Festplatte ist eine Vervielfältigungshandlung i.S.v. § 106 Abs.1 UrhG, hierüber sind sich die Juristen einig. Allerdings ist nicht jede Verletzung von Urheberrechten strafbar. Eine Werknutzung ist zwar weitgehend von der Einwilligung des Urhebers abhängig. Der Gesetzgeber hat allerdings bestimmte Nutzungsarten von der Notwendigkeit der Einwilligung ausgenommen. Für Vervielfältigungshandlungen ist eine solche Schranke normiert:

Schrankenregelung „Privatkopie“

Nach § 53 Abs.1 Satz 1 UrhG sind Privatkopien grundsätzlich privilegiert und damit zunächst sanktionslos. Allerdings wurde durch den „zweiten Korb“ des Urheberrechts eine Einschränkung in § 53 Abs.1 Satz 1, 2 Halbsatz UrhG, statuiert. Das Vorliegen einer offensichtlich rechtswidrig hergestellten oder öffentlichen zugänglich gemachten Vorlage lässt die Strafbarkeit wieder aufleben. Es ist an dieser Stelle zweierlei zu unterscheiden: die rechtswidrig hergestellte Kopiervorlage und die rechtswidrig öffentlich zugänglich gemachte Vorlage.

Rechtswidrig hergestellte Vorlage

Ein Mp3-File in einer Tauschbörse stellt nicht per se eine rechtswidrige Vorlage dar. Es ist durchaus denkbar, dass der Ersteller dieser Mp-3 Datei eine rechtmäßige Kopie angefertigt hat, etwa eine Kopie vom Originaltonträger für private Zwecke. Deren Rechtmäßigkeit wird durch das Anbieten in der Tauschbörse nicht berührt. Insoweit ist allerdings wie oben gesehen ein strafbarer Fall der öffentlichen Zugänglichmachung gegeben.

Rechtswidrig öffentlich zugänglich gemachte Vorlage

In der Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums vom 5. Juli 2007 wird zu diesem Merkmal ausdrücklich der Download von Filmen oder Musikstücken aus Tauschbörsen im Internet genannt. Das Anbieten der Dateien im Internet durch Nichtberechtigte ist unzulässig. Die Dateien sind also rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht.

Die alleinige Rechtswidrigkeit der Herstellung bzw. der öffentlichen Zugänglichmachung erfüllt allerdings nicht den vollen Tatbestand; es ist vielmehr erforderlich, dass die Vorlage offensichtlich rechtswidrig hergestellt oder öffentlich zugänglich gemacht wurde.

Offensichtlichkeit der Rechtswidrigkeit

Bezüglich der erforderlichen Offensichtlichkeit der Rechtswidrigkeit für den Downloader ist es im Internet besonders problematisch; fehlen doch insbesondere Indizien wie gefälschte Cover, (schlecht) gebrannte CDs/DVDs/Blu Ray Discs oder andere konkrete Umstände, welche dem Usrer die Offensichtlichkeit der Rechtswidrigkeit vor Augen führen. Hier ist jeweils im Einzelfall zu ermitteln, ob ein vernünftiger Mensch hätte erkennen können und müssen, dass er eine Vervielfältigung von einer offensichtlich rechtswidrigen Vorlage erstellt. Anzunehmen ist dies allerdings z. B. bei neuen Filmen, welche gerade erst im Kino laufen.

In Bezug auf die Offensichtlichkeit der rechtswidrigen öffentlichen Zugänglichmachung kann wohl regelmäßig angenommen werden, dass der Downloadende gerade nicht vom Rechteinhaber runterlädt. Allerdings ist ins Feld zu führen, dass viele Bands Songs auf Seiten wie „MySpace“ zur Verfügung stellen. So lässt sich argumentieren, dass eine Offensichtlichkeit vielfach nicht anzunehmen ist. Allerdings bezieht sich dieses Argument nicht auf ganze Alben, werden diese ja gerade nicht von den Bands zur Verfügung gestellt. Es handelt sich vielmehr um einzelne Stücke in oft schlechter Qualität, womöglich nur um sogenannte „Snippets“, also Songausschnitten (ggf. im Zusammenschnitt).

Tatbestandsmäßig dürfte der Download aus solchen Tauschbörsen daher in aller Regel sein, er ist daher gerade nicht von dem Recht der Privatkopie gedeckt.

Im Zweifel: „Finger weg von Tauschbörsen“

Zu raten ist den Nutzern von Tauschbörsen daher, im Zweifel keine Downloads, insbesondere von Filmen und Musik, vorzunehmen. Problematisch ist auch die Standardeinstellung vieler Programme, dass heruntergeladene Dateien automatisch wieder zum Download angeboten werden und danach wie oben gesehen eine Strafbarkeit wegen öffentlicher Wiedergabe entsteht. Bezüglich des subjektiven Tatbestandes ist Eventualvorsatz gefordert. Der Täter muss billigend in Kauf nehmen, dass sein Download eine Vervielfältigung darstellt, die nicht von dem Recht auf Privatkopie gedeckt ist.

Die Musikindustrie nutzt die als Antragsdelikt ausgestaltete Strafvorschrift der Unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke, um Akteneinsicht zu beantragen und somit mit dem Ziel zivilrechtlicher Schritte (u. a. Schadenersatz) an die Daten des Täters zu gelangen.

Neuer Auskunftsanspruch

Durch die Einführung des neuen § 101 UrhG ist dieser Umweg über die Staatsanwaltschaft in den Fällen, welche „gewerbliches Ausmaß“ erreichen, nun möglicherweise obsolet. Danach könnte die Industrie nun direkt Auskunft von Internetprovidern verlangen.

Wie sich diese Regelung in der Praxis darstellt, ist bislang noch nicht abzusehen. Das LG Frankenthal sieht das gewerbliche Ausmaß ab 3000 bereitgehaltenen Musiktiteln bzw. 200 Filmen erreicht. Dagegen hat das LG Köln dieses Merkmal schon mit einem angebotenen Musikalbum, einem Hörbuch oder einem (vollständigen) Kinofilm als erfüllt gesehen. Die Staatsanwaltschaft hält den Auskunftsanspruch im Falle der Tauschbörsennutzer z. T. nicht für einschlägig, so etwa Frau Oberstaatsanwältin Junker im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Der normale Tauschbörsennutzer, der Film- und Musikdateien sammelt und anbietet, tue das ohne Gewinnabsichten – also ohne den für § 101 UrhG erforderlichen gewerblichen Hintergrund.

Informationen zum „zweiten Korb“ im Urheberrecht auf der Website des Instituts für Urheber- und Medienrecht; LG Frankenthal, Beschl. vom 15.09.2008, Az. 6 O 325/08; LG Köln, Beschl. v. 17. Dezember 2008 – 38 OH 8/08 (Musikalbum) und Beschl. v. 17. Dezember 2008 – 38 OH 11/08 (Musikalbum, Hörbuch, Kinofilm), jeweils über www.nrwe.de.

cand. jur. Denis Beab, denis.beab(at)uni-koeln.de