Das Werk im Werk – als unwesentliches Beiwerk?

Ein Miró im Hintergrund des Porträtfotos. Eine Küche mit Skulptur fürs Ambiente im Bild eines Werbeprospektes. Ein junger Mann mit der Gestaltung eines Designers auf seinem T-Shirt als Titelbild eines Magazins. Was ist zu beachten, wenn Fotos fremde Werke zeigen?

 

Nach den Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines Werkes zulässig, wenn das Werk im Verhältnis zum eigentlichen „Fotoschwerpunkt“ nur unwesentliches Beiwerk ist. Der Miró ist urheberrechtlich geschützt als bildende Kunst. Dasselbe gilt für eine Skulptur bei nur geringen Anforderungen an eine persönliche geistige Schöpfung. Demgegenüber lässt sich eine T-Shirt-Gestaltung der angewandten Kunst zuordnen, weil das Kleidungsstück dem Gebrauchszweck dient. Hier ist ein höheres Maß an Schöpfungshöhe erforderlich, was an dieser Stelle jedoch nicht weiter ausgeführt werden soll. Unter den Begriff der Vervielfältigung fällt auch die bildhafte Wiedergabe von körperlichen Kunstwerken, so der BGH.

Austauschbarkeit mit der „Mona Lisa“

Unter welchen Voraussetzungen ist das Werk aber als Beiwerk unwesentlich? Ein unwesentliches Beiwerk liegt vor, wenn das mitabgebildete Werk keine inhaltliche Beziehung zum „Fotoschwerpunkt“ aufweist, nicht einmal eine unbedeutende. Das Beiwerk ist also gekennzeichnet durch Zufälligkeit und Beliebigkeit. Es muss sich ohne Beeinträchtigung der Gesamtwirkung des Hauptgegenstandes austauschen lassen, ohne dass ein solcher Austausch überhaupt auffallen würde. Maßgeblich ist ein objektiver Maßstab aus Sicht des angesprochenen Betrachters.

Zu fragen ist also: Könnte das mitabgebildete Werk etwa durch die „Mona Lisa“ von Leonardo da Vinci ersetzt werden, ohne dass dadurch die Gesamtwirkung des „Fotoschwerpunktes“ beeinträchtigt würde?

Kunst als Beitrag zur Bildstimmung

Diese Frage ist bei einem Miró im Hintergrund eines Porträtfotos sicher zu verneinen. Ebenso ist die in der Küche platzierte Skulptur im Bild eines Werbeprospektes kein unwesentliches Beiwerk. In beiden Fällen wird eine (moderne) Bildstimmung geschaffen bzw. unterstrichen, die den Porträtierten modisch darstellt bzw. die Küche stilistisch unterstreicht. Die Kunst ist hier nicht nebensächlich oder gar beliebig austauschbar. Sie schafft eine bestimmte Atmosphäre und leistet einen stilistischen Beitrag mit thematischem Bezug im Rahmen der Gesamtkonzeption des Fotos.

T-Shirt-Design auf dem Cover eines Magazins

Unwesentliches Beiwerk sei demgegenüber das Design auf dem T-Shirt eines jungen Mannes, abgebildet auf der Titelseite eines Nachrichtenmagazins, so das OLG München in einem aktuellen Urteil. Die Klage des Grafikdesigners auf Unterlassung, Auskunft und Schadenersatz wurde nun auch in zweiter Instanz abgewiesen. Das T-Shirt mit Stunt-Szenen zweier Kleinlastwagen (sog. Pick-Ups) hätte man neben dem Bildschwerpunkt, nämlich dem abgebildeten jungen Mann und dem Titel „Was soll ich werden?“, eben so gut durch ein anderes T-Shirt ersetzen können. Die Gesamtwirkung des Magazintitels wäre davon nicht betroffen, ein thematischer Bezug zwischen der Gestaltung des T-Shirts und dem Gegenstand des Covers „Beruf & Karriere“ bestehe nicht.

§ 57 UrhG§ 2 I Nr.4, II UrhG (bildende Kunst)§ 16 I UrhG (Vervielfältigung); BGH, Urt. v. 4. Mai 2000 – I ZR 256/97 (Parfümflakon), www.bundesgerichtshof.de; OLG München NJW 1989, 404 (Kunstwerke in Werbeprospekten); OLG München, Urt. v. 13. März 2008 – 29 U 5826/07; LG München I, Urt. v. 24. Oktober 2007 – 21 O 4956/07. Vgl. für das Recht am eigenen Bild § 23 Abs.1 Nr.2 KUG.