„Die Super-Nanny“ – Konfliktdarstellung mit Einwilligung

Mit einer gewissen, dramaturgisch angestrebten Zuspitzung und Übertreibung des Streits mit ihrer Mutter habe die 15-Jährige rechnen müssen. Ihre einstweilige Verfügung gegen die Ausstrahlung der Sendung wies das Landgericht Bielefeld am 18. September 2007 zurück.

Das Recht am eigenen Bild ist geregelt im Kunsturhebergesetz. Danach dürfen Bildnisse grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung ist eine rechtsgeschäftsähnliche Erklärung, sie erfüllt die Funktion einer Willenserklärung. Bei Personen unter 18 ist die Zustimmung der Eltern erforderlich. Minderjährige, die die Bedeutung und Tragweite der Entscheidung schon selbst überblicken können, müssen zudem selbst einwilligen. Dies gilt in der Regel ab dem 14. Geburtstag, ab dann ist von der erforderlichen Einsichtsfähigkeit auszugehen.

Erteilung der Einwilligung

Die Einwilligung kann schriftlich, etwa durch Vertrag oder Freigabeerklärung (auch: „model release“), erfolgen. Sie ist aber auch mündlich oder durch schlüssiges Verhalten möglich. Für eine solche sog. stillschweigende oder konkludente Einwilligung ist maßgeblich, dass unmissverständliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, der Abgebildete sei mit den Aufnahmen einverstanden. Das bloße Geschehenlassen der Aufnahmen ist keine Einwilligung – auch nicht, wenn bemerkt wird, dass die „Kamera läuft“. Einen Grundsatz „Wer nicht flüchtet, willigt ein“ gibt es nicht. Hieraus folgt:

Ein Promi, der mit dunkler Sonnenbrille, Hut und gesenktem Kopf im Café sitzt, aber dennoch entdeckt wird und die Aufnahmen bei gleicher Haltung über sich ergehen lässt, erteilt keine Einwilligung. Vgl. hierzu auch das TV-Interview „Handy-Reporter“ (WDR). Erforderlich sind eindeutige Indizien, etwa Antworten und entsprechende Gesten auf Fragen eines Fernsehreporters. Wer vor laufender Kamera gefragt wird, wie er die Karnevalsfeier finde, „Gute Party“ antwortet und versucht, ein Karnevalslied zu singen, zeigt sein Einverständnis mit den Filmaufnahmen, so das Landgericht Köln. Ist Geld für Foto- oder Filmaufnahmen geflossen, gilt eine Einwilligung im Zweifel als erteilt.

Reichweite der Einwilligung

Dass eine Einwilligung zur Anfertigung und Verwertung von Foto- oder Filmaufnahmen erteilt worden ist, besagt noch nichts über den Umfang der erlaubten Verwertungen. Die Einwilligung erfasst nicht „alle denkbaren Fälle“. Dem Abgebildeten müssen Art, Zweck und Umfang der geplanten Verwendung bekannt sein – nur insoweit gilt die Einwilligung als erteilt. Also:

Wer sich mit der Herstellung von Filmaufnahmen einverstanden zeigt, bringt dadurch nicht zugleich zum Ausdruck, dass die Szene in einer Sendung gezeigt werden darf, die „den Zuschauer mit den kleinen Skurrilitäten des Alltags unterhalten will“. Es ist auch zu informieren über das Niveau der Sendung und den Zusammenhang, in dem der Beitrag gezeigt werden soll, so OLG Karlsruhe.

Nach LG Bielefeld waren die 15-Jährige und ihre Mutter allerdings hinreichend informiert. Sie hätten das Format der Sendung „Die Super-Nanny“ gekannt, außerdem sei ein Casting in ihrer Wohnung durchgeführt worden. Es entspreche dem bekannten filmischen Konzept, eine Konfliktsituation zwischen Kindern und Eltern zunächst wiederzugeben und dann durch Einflussnahme der „Super-Nanny“ zu lösen oder zu entschärfen. Dass die notwendige Konfliktdarstellung durch den Produktionsleiter möglicherweise sogar mit dem Ziel der Übertreibung gefördert worden sei, liege in der Natur der Sache. Das Produktionsteam habe nicht wochenlang auf eine Zuspitzung der Konfliktsituation zwischen Tochter und Mutter warten können.

Beweislast – im Zweifel für den Abgebildeten

Wer sich auf eine erteilte Einwilligung beruft, also etwa Fotograf oder Agentur zur Verwertung der Bilder eines Shootings, muss diese Behauptung auch beweisen. Verbleiben Zweifel, entscheiden die Gerichte zugunsten des Abgebildeten. Vgl. hierzu auch den Artikel „Keine Veröffentlichung von Casting-Aufnahmen ohne Zustimmung des Schauspielers“. Der Rechteerwerber ist auf der sicheren Seite, wenn er Art, Zweck und Umfang der geplanten Verwendungen einzeln ausdrücklich schriftlich fixiert. Dies gilt erst recht, wenn Aufnahmen zu Werbezwecken Verwendung finden sollen. Hier kann die Einwilligung nicht stillschweigend erteilt werden, vielmehr ist eine ausdrückliche Willensbekundung erforderlich. Dazu folgendes Beispiel:

Ein Fotograf teilt einer Reisegruppe mit, er arbeite für die Zeitschrift „Feinschmecker“ und darf die Gruppe während einer rustikalen Mahlzeit fotografieren. Die Bilder erscheinen allerdings in einem Beiheft einer Architekturzeitschrift als Farbprospekt für Küchenherde – rechtswidrig, weil eine entsprechende ausdrückliche Willensbekundung fehlte, so AG Frankfurt.

LG Bielefeld, Urt. v. 18. September 2007 – 6 O 360/07 unter www.nrwe.de§ 22 KunstUrhG; Anspruchsgrundlage: §§ 1004823 Abs.1, Abs.2 BGB i. V.m. § 22 KunstUrhG; LG Köln ZUM (Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht) 2002, 162 f.; OLG Karlsruhe, Urt. v. 26. Mai 2006 – 14 U 27/05; bzgl. des „Ob“ und „Wie weit“ (Umfangs) der Einwilligung gilt die sog. Zweckübertragungsregel, vgl. die Hinweise im unteren Bereich dieses Artikels; AG Frankfurt, Urt. v. 27. April 1995 – 31 C 401/94.