„Ghostwriting“ – Urheberschaft an Mitteilungen aus dem Jenseits

Der Mensch als Werkzeug göttlicher Eingebung? Als Sprachrohr von Verstorbenen? Im SZ-Magazin befasst sich Dr. Dr. Rainer Erlinger mit der Gewissensfrage, wer denn Urheber der auf Anweisung einer Geisterstimme niedergeschrieben Mitteilungen sei.

Urheber ist der Schöpfer des Werkes. Das ist derjenige, der eine geistige Schöpfung persönlich – in eigener Person, nicht etwa per Stellvertretung – erbringt. Bzgl. der schöpferischen Anforderungen an die Entstehung eines Urheberrechts vgl. den Artikel Urheberrechte an Fachtexten und -informationen. Urheber kann nach dem Schöpferprinzip nur eine natürliche Person sein, niemals eine juristische Person wie z. B. eine GmbH oder Universität (Körperschaft), und erst recht kein Tier oder eine Maschine. Das Urheberrecht entsteht unmittelbar und ohne Formalismen wie Eintragung oder Anbringung von ©-Zeichen mit der Schöpfung. Diese erfolgt als sog. Realakt. Damit können auch Kinder, Geisteskranke und Personen unter Alkohol- oder Drogeneinfluss Urheber werden. Auf Geschäftsfähigkeit kommt es nicht an, der Schöpfer muss nicht bei vollem geistigem Bewusstsein sein.

Das Jenseits vor Gericht

Die Frage, wer Urheber eines aus dem Jenseits vermittelten Textes sein könnte, beschäftigte die Gerichte schon mehrfach. Im Jahr 1990 befand das Schweizer Bundesgericht in der Entscheidung „Geistige Loge Zürich“, dass jenseitige Wesen keine Subjekte schweizerischen Rechts seien, sie könnten gedankliche Vorstellungen daher nicht rechtswirksam zum Ausdruck bringen. Demgegenüber ließ der Oberste Gerichtshof der Republik Österreich fünf Jahre später in seiner Entscheidung „Lebenserkenntnis“ offen, wem ein angeblich vom jenseitigen Geisteswesen eingegebenes Werk als Urheber zuzurechnen sei.

Beweisproblem

Wer in Trance, im Tiefschlaf oder unter Hypnose ein Werk erschafft, wird Urheber. Hier liegt eine persönliche geistige Schöpfung vor – ggf. sogar eine sehr persönliche. Weil nur ein Realakt erforderlich ist, bedarf es keines auf die Entstehung des Urheberrechts gerichteten Willens. Wie der Trance- oder andersartige Bewusstseinszustand erreicht wurde, spielt ebenfalls keine Rolle.

Was aber gilt, wenn jemand nur als Werkzeug göttlicher Eingebung oder Sprachrohr eines Verstorbenen aus dem Jenseits fungiert? Tatsachen sind grundsätzlich von demjenigen darzulegen und zu beweisen, der sie zu seinen Gunsten anführt. Der Beweis ist erbracht, wenn der Richter persönlich von der Wahrheit der Tatsachenbehauptung überzeugt ist. Hieran sollte etwa eine Klage der Erben eines verstorbenen Schriftstellers auf Zahlung einer Vergütung für die Verwertung des angeblich aus dem Jenseits mitgeteilten Werkes scheitern.

§ 7 UrhG§§ 2829 UrhG§ 64 UrhG; OGH GRUR Int. 1996, 663 – Lebenserkenntnis; Schweizer Bundesgericht, ZUM 1991, 236 – Geistige Loge Zürich; § 286 Zivilprozessordnung (ZPO):Freie Beweiswürdigung.