Unaufgeforderte Telefonwerbung gegenüber Unternehmen ohne konkretes sachliches Interesse des Angerufenen unzulässig

Mit Urteil vom 20. September 2007 untersagte der Bundesgerichtshof (BGH) der Betreiberin einer Internetsuchmaschine mit Unternehmensverzeichnis, einen Kunden unaufgefordert zu dem Zweck anzurufen, den kostenlosen Suchmaschineneintrag in einen erweiterten, aber entgeltlichen Eintrag umzuwandeln.

Das UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) unterscheidet zwei Fälle von Werbeanrufen. (1.) Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern ohne deren Einwilligung ist unzulässig, erforderlich ist eine tatsächlich erklärte Einwilligung. Nicht ganz so streng wie zum Schutze der Privatpersonen sind die Regeln für (2.) Werbeanrufe im geschäftlichen Bereich. Für einen Anruf bei einem Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen reicht dessen mutmaßliche Einwilligung. Eine solche liegt vor, wenn aufgrund konkreter Umstände ein sachliches Interesse des Angerufenen zu vermuten ist. Es muss anzunehmen sein, dass ein Bedürfnis des Umworbenen zum Erhalt gerade dieser Ware oder Dienstleistung besteht und aus diesem Interesse heraus der Wille zu telefonischer Bewerbung. Maßgeblich sind alle Umstände vor dem Anruf sowie Art und Inhalt der Werbung.

Anhaltspunkt: Sachlicher Zusammenhang mit bestehender Geschäftsbeziehung

Ein Anhaltspunkt dafür, dass der Gewerbetreibende den Anruf erwarten oder ihm jedenfalls positiv gegenüberstehen werde, liegt vor, wenn die telefonische Werbemaßnahme in einem sachlichen  Zusammenhang mit einer bereits bestehenden Geschäftsverbindung steht. Nach einer Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2004 darf ein Telefonbuchverlag (u. a. „gelbe Seiten“) einen Anruf, mit dem die Daten eines kostenlosen Grund- bzw. Standardeintrag für einen Neudruck überprüft werden sollen, zur Werbung für eine entgeltpflichtige Erweiterung des Eintrags nutzen. Das Maß an Belästigung durch diese Telefonwerbung sei gering. Dass die Werbung aus Sicht des Anzurufenden ebenso gut oder sogar besser auf schriftlichem Wege hätte erfolgen können, sei irrelevant.

Demgegenüber betont der BGH in seiner eingangs benannten aktuellen Entscheidung, dass ein Suchmaschineneintrag nicht zur Annahme berechtige, das eingetragene Unternehmen sei mit einem Werbeanruf einverstanden. Nach den Ausführungen des BGH habe die Betreiberin der Suchmaschine zwar möglicherweise davon ausgehen dürfen, das Unternehmen sei mit einem Anruf zur Überprüfung der eingespeicherten Daten einverstanden. Das im selben Telefonat unterbreitete Angebot einer erweiterten entgeltlichen Eintragung in einer nicht besonders bekannten Suchmaschine sei jedoch unzumutbar belästigend. Angesichts der großen Zahl gleichartiger Suchmaschinen und der Verbreitung kostenloser Unternehmenseinträge in deren Verzeichnissen bestünde für den Gewerbetreibenden ansonsten die Gefahr, in seinem Geschäftsbetrieb durch eine Vielzahl ähnlicher Telefonanrufe gestört zu werden.

Unentgeltlicher Grundeintrag kein generelles O. k. zur Telefonwerbung

Beide Fälle stimmen darin überein, dass der geschäftliche Kontakt nur auf einer unentgeltlichen Grundeintragung in ein Verzeichnis beruht. Hier wie da wird eine „Datenpflege“ als Anknüpfungspunkt bzw. „Eintrittspforte“ zur Werbung für die entgeltliche Erweiterung des Grundeintrags genutzt. Die Fälle entscheiden sich allerdings durch den Inhalt der Werbung (entgeltlicher Eintrag in bundesweit bekannte „gelbe Seiten“ bzw. in nicht besonders bekannte Suchmaschine). Auch verneinte der BGH im Jahr 2004 die Gefahr einer Nachahmung derartiger Werbeanrufe – dies sieht das Gericht jedenfalls für den Bereich der Suchmaschineneinträge nun anders.

Ein objektiv ungünstiges Angebot kann als Indiz für das Fehlen der mutmaßlichen Einwilligung zu werten sein. So darf etwa bei einem Bauhandwerksunternehmen nicht davon ausgegangen werden, dass es mutmaßlich an einer telefonischen Werbung für eine hinsichtlich ihres Inhalts und Umfangs nicht näher bestimmte Vermittlung von Bauvorhaben interessiert ist, die durch eine nicht unbeträchtliche und zudem im Voraus zu erbringende Gegenleistung entgolten werden soll.

Bei einer Werbung unter Verwendung einer elektronischen Anrufmaschine ist stets eine tatsächlich erklärte Einwilligung erforderlich.

Die rechtlichen Regelungen finden sich  in § 7 Abs.2 Nr.2 2. Fall UWG (Telefonanruf gegenüber Geschäftsleuten) und § 7 Abs.2 Nr.3 1. Fall UWG (Automatische Anrufmaschinen). Bzgl. des aktuellen Urteils des BGH, Urt. v. 20. September 2007 – I ZR 88/05, „Suchmaschineneintrag“, findet sich gegenwärtig nur eine Presseerklärung auf der Website des BGH. Im Übrigen: BGH, Urt. v. 4. Februar 2004 – I ZR 87/02 – Telefonwerbung für Zusatzeintrag, BGH, Urt. v. 16.11.2006 – I ZR 191/03, Telefonwerbung für „Individualverträge“ (Bauhandwerksunternehmen), jeweils unter www.bundesgerichtshof.de.